Spätestens seit Jürg Schmid bei Schweiz Tourismus am Ruder ist (Herbst 1999) geht die Rede von der Kooperation landauf landab in der Schweiz. Grösse, heisst das Zauberwort. Je grösser ein Hotelkonstrukt sei, desto besser.
Frage: Wird etwas wahrer, nur weil es immer und immer wieder behauptet wird?
99,6 Prozent der Schweizer Wirtschaft wird von den so genannten KMU getrragen; 97,7 Prozent aller Unternehmen der Schweiz haben weniger als 50 Mitarbeiter. Fast die Hälfte aller Beschäftigten arbeiten in solchen Betrieben (46,7%). Dies zumindest sagt das Bundesamt für Statistik. Übrigens, das ist in ganz Europa, ja überall auf der Welt so.
Grösse kann tatsächlich Vorteile bringen. Klar, wer gross ist, ist oft auch „mächtig“. Doch der Sturz eines Grossunternehmens kann die Wirtschaft eines Landes stark belasten. Schon nur der Wegzug grosser Arbeitgeber ins (billigere) Ausland, kann Dörfer und Kleinstädte annähernd in den Ruin treiben. Hotelruinen ehemaliger Grosshotels sind nicht gerade tourismusfördernd. Sie gammeln vor sich hin, kein angenehmer Anblick. Ein gästehemmender Anblick sogar. Und viele Angestellte sind dann plötzlich arbeitslos.
Als Beispiel sei hier nur das Hotel Acker in Wildhaus genannt, hier der traurige Eintrag auf Travel Weekly. Einst Zugpferd des gehobenen Tourismus in Wildhaus (Toggeburg). 2002 wurde die Aktiengesellschaft endgültig liquidiert. Seither ist der Betrieb am Verfallen. Verschiedene „Rettungsaktionen“ blieben ohne Erfolg, etwa 2010 wurde das Haus dann inwendig völlig ausgeschlachtet. Doch – und das ist viel wichtiger – das ganze Dorf befindet sich im touristischen Niedergang. Zwar geht es im Tagestourismus gerade im Winter relativ gut, doch ansonsten… Absolut tote Hose. Einstige Grandezza (immerhin stammt Zwingly aus Wildhaus 😉 ) ist biederer unrenovierter 60er-Jahre Romantik und 70er-Jahre Bausünden gewichen. Es gäbe hunderte andere Beispiele.
Das „Goldene Ei“ in Davos könnte sich früher oder später ebenfalls in diese Richtung entwicklen, steht zu befürchen… Hier ein Artikel aus dem Tagesanzeiger zum Thema. Zweitklassigkeit ist mit anderen Worten keine Voraussetzung für Niedergang.
Kleinheit hat Nachteile. Das ist offensichtlich. Doch wer klein ist (und klein bleibt), ist zwar nicht so mächtig wie ein Grosser, scheffelt vielleicht auch keine Millionen. Doch er ist wendig, beweglich und kann äusserst attraktiv sein. Das beweisen täglich hunderte von kleinen Hotels in der Schweiz, in Europa, in der Welt. Ein paar (Schweizer) Beispiele gefällig?
- Das Rössli in Adligenswil, ein wirklich kleiner Betrieb mit viel Herzblut
- Das Blatter’s Bellavista, nicht ganz klein, aber noch lange nicht gross
- Das Hotel Helvetia in Müstair, mit viel Elan geführt und jetzt gerade im Umbau
Klein sein, heisst auch persönlich sein. Kooperationen können sich lohnen. Doch wie viele Gäste gehen wirklich wegen der „Matterhorn Valley Hotels“ nach Grächen. Ist es vielleicht der nette Eurokurs (gerade auch für Schweizer), der die Gäste lockt? Und wechseln die Gäste wirklich unter den Betrieben ab, was ja unter anderem der Sinn einer gemeinsamen Marke sein muss (siehe Best Western, siehe Private Selection Hotels u.v.m.). Am Ende liegt es kaum an der Grösse, ob ein Betrieb erfolgreich ist oder nicht. Und übrigens auch nicht nur am Preis, doch davon ein anderes Mal mehr.
Antwort: Nein.
Trittst Du einem Elefanten ans Bein, fällt er um und kann nicht mehr weiter. Trittst Du einer Maus ans Bein, läuft sie auf dreien weiter.